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Samstag, 8. Dezember 2012

Ermittlungssache gegen Dr. S. u.a.


An den Leitenden Oberstaatsanwalt
bei der Staatsanwaltschaft Traunstein
Herzog-Otto-Straße 1
83278 Traunstein




  

Ermittlungssache gegen Dr. S. u.a.

Sehr geehrter Herr Leitender Oberstaatsanwalt,

wie Sie wissen, vertrete ich die Angehörigen des am 17.3.2012 verstorbenen Herrn John Demjanjuk, Frau Vera Demjanjuk sowie ihren Sohn, Herrn John Demjanjuk jun. als Nebenkläger im oben genannten Verfahren gegen Dr. S. u.a.

Aus der heutigen Presse im Internet entnehme ich, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zum Tode Demjanjuks eingestellt hat. Der Vorwurf der Angehörigen einer Falschbehandlung sei laut Gutachten haltlos.

Ein von der Behörde in Auftrag gegebenes Gutachten habe jetzt ergeben, dass keine Kausalität zwischen dem eingetretenen Tod und der ärztlichen Behandlung bestehe.

In dem Artikel heißt es weiter:

Sprecher M. erklärte, da eine falsche Medikation ebenso wie Fremdeinwirkung ausgeschlossen werden könne, sei Demjanjuk wohl eines natürlichen Todes gestorben. Über das Ergebnis des Gutachtens seien die Angehörigen vor wenigen Tagen informiert worden. Sie hätten noch die Gelegenheit, Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens einzulegen.

Der Artikel wird in der Anlage überreicht.

Gegen Staatsanwalt M. erhebe ich namens und im Auftrag meiner Mandanten

D i e n s t a u f s i c h t s b e s c h w e r d e.
 Es wird beantragt:

Staatsanwalt M. wird von der Sachbearbeitung entbunden und durch einen anderen Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft Traunstein ersetzt.

Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass es mit dem Gesetz unvereinbar ist, dass in dieser Sache die Angehörigen über die Presse von der Einstellung des Verfahrens erfahren und die Begründung für die Einstellung des Verfahrens Presseartikeln entnehmen müssen. Staatsanwalt M. hat es bis jetzt unterlassen, dem Unterzeichneten die von ihm der Presse mitgeteilten Entscheidung zukommen zu lassen oder sie ihm überhaupt bekannt zu geben.

Die Entscheidung von Staatsanwalt M., nicht die Angehörigen, sondern ausschließlich die Presse zu informieren und der Presse seine Entscheidung bekannt zu geben, ist nicht hinnehmbar.

Was im Übrigen von der Einstellungsverfügung von Staatsanwalt M. und dem von ihm eingeholten Gutachten zu halten ist, ergibt sich aus meiner Zuschrift vom 27.11.2012 an die Staatsanwaltschaft Traunstein, die wie folgt lautet:

„In der Ermittlungssache
Dr. S. u.a.
hier: John Demjanjuk

nehme ich Bezug auf die dortige Zuschrift vom 16.11.2012.

I.

Hinsichtlich der gesetzten Fristen beantrage ich:

Die Frist von 3 Tagen wird auf 30 Tage und die Frist bis zum 5.12.2012 wird bis auf den 5.1.2013 verlängert.

B e g r ü n d u n g:

Die nunmehr durch die Zuschrift vom 16.11.2012 gewährte Akteneinsicht ist zu kurzfristig bemessen, darüber hinaus wird Akteneinsicht zum größten Teil

verweigert.

Soweit die Frist zu kurz bemessen ist, geht aus den übersandten Materialien hervor, dass es sich um Zweitakten handelt, mithin die Staatsanwaltschaft über die Erstakten verfügt.

Eine Fristsetzung von 3 Tagen ist daher objektiv sachwillkürlich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Was die Verweigerung der Akteneinsicht angeht, wird auf den nachfolgenden Antrag und seine Begründung verwiesen.

Es wird beantragt:

Es wird vollständige Akteneinsicht durch Übersendung aller Beiakten zur Hauptakte im Original bzw. in Fotokopie gewährt.

B e g r ü n d u n g:

Ausweislich des Inhaltes der Hauptakte ist sowohl die Papierpatientenkartei als auch der Auszug aus der elektronischen Patientenkartei über Herrn Demjanjuk bei Dr. S. beschlagnahmt worden. Ferner ist die Krankenakte des Klinikums Harlaching beschlagnahmt bzw. sichergestellt worden, zusammen mit Arztbriefen.

Schließlich sind Aktenordner von Dr. A. S., sichergestellt bzw. beschlagnahmt worden.

Diese Unterlagen sind sämtlich im Gutachten auf den Seiten 1 bis 4 einschließlich aufgeführt und bilden die Grundlage des Gutachtens.

Um das Gutachten nachvollziehen bzw. umfassend verstehen zu können, ist es zwingend erforderlich, das die Unterlagen nicht nur der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stehen, sondern auch den Anzeigeerstattern.

Hinzu kommt, dass zwingend die Krankenakten der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim sowie die Akten des Pflegeheims St. Lukas beigezogen werden müssen, was bisher offensichtlich unterlassen worden ist.

Indem beide vorgenannten Unterlagen fehlen, ist das Gutachten der Universitätsklinik Regensburg vom 8.11.2012 bereits unbrauchbar.

II.

Bereits jetzt werden folgende Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt:

1. Prof. Dr. med. R. A.

2. Oberarzt Dr. med. M. V.

3. Assistenzarzt Dr. med. M. R.,

alle drei Universitätsklinikum Regensburg, Blatt 319.

B e w e i s :     Dienstliche Äußerung der abgelehnten Gutachter

Bereits eine erste Durchsicht des Gutachtens belegt die Befangenheit aller drei Gutachter, deren Parteinahme zugunsten der „Kollegen, deren Verhalten zu begutachten ist“, so offensichtlich ist, dass sie auf der Hand liegt.

B e g r ü n d u n g :

1. Die drei abgelehnten Gutachter verschweigen in ihrem Gutachten, dass die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft folgende Empfehlung abgegeben hat:

Aus Sicht der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft sollte Metamizol strikt nur innerhalb der oben angegebenen zugelassenen Indikationen verordnet werden.
  
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat 2009 darauf hingewiesen, dass es bei leichten oder mittelstarken Schmerzen nicht angewendet werden darf. Fieber ist nur dann eine Indikation für Metamizol, wenn andere Antipyretika nicht ausreichend wirksam waren. Störungen der Knochenmarkfunktion (z.B. nach Zytostatika-Behandlung) oder Erkrankungen des hämatopoetischen Systems sind laut Fachinformation eine Kontraindikation für den Einsatz von Metamizol. Daher sollte bei dieser Gruppe von Patienten vor der Gabe von Metamizol sorgfältig geprüft werden, ob auch andere Analgetika bzw. Antipyretika in Betracht kommen. Agranulozytosen sind in den meisten Fällen immunologisch vermittelte Reaktionen. Sie treten in der Regel etwa sieben Tage bis einige Wochen nach Einnahmebeginn auf, nach vorangegangener Exposition mit dem ursächlichen Arzneimittel kann sich eine Agranulozytose jedoch sehr rasch entwickeln. Bei längerer Anwendung von Metamizol sollten regelmäßige Blutbildkontrollen durchgeführt werden.

Es ist offensichtlich, dass das von den drei befangenen Gutachtern gebilligte Verordnungsverhalten der Beschuldigten den  Empfehlungen der  Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

diametral zuwider läuft.

Alle drei Gutachten wissen dies. Sie mussten daher bei ihrem Gutachten zwingend belegen, dass die Beschuldigten sich de lege artis verhalten haben.

Das aber bedeutete zwingend, dass im Gutachten folgendes nachzuweisen war:

- Mit welcher Medizin wurde die Schmerztherapie zugunsten des Verstorbenen vor seiner Zwangsdeportation nach Deutschland durchgeführt?

- Wie gestaltete sich die Schmerzmitteltherapie zugunsten des Verstorbenen während der zweijährigen Untersuchungshaft des Verstorbenen in der JVA München-Stadelheim?

- Wie wurde die Schmerztherapie in der Zeit nach der Entlassung des Verstorbenen am 12.5.2011 bis zum Einsatz von Novalgin ab August 2011 durchgeführt?

Alle drei Gutachter wussten und wissen aus den ihnen vorliegenden Krankenunterlagen des Klinikums Harlaching, dass die Schmerztherapie zugunsten des Verstorbenen zu keinem Zeitpunkt mit Metamizol durchgeführt wurde, sondern mit Tramal bzw. Targin, die in Bezug auf die Vorerkrankungen des Verstorbenen nicht kontraindiziert waren.

Die Arzneimittelvergabe wurde bestimmt durch den medizinischen Dienst der JVA in Verbindung mit dem Klinikum Harlaching, ferner in Verbindung mit Prof. N. und Dr. S., die beide als Gutachter vor dem Landgericht München II über den Gesundheitszustand des Verstorbenen bzw. über dessen Medikamentierung bei Schmerzzuständen berichteten.

Die drei abgelehnten Gutachter verschweigen den Wechsel der Medikation einer nicht kontraindizierten Schmerztherapie zu der von den Anzeigeerstattern beanstandeten Schmerztherapie mit kontraindizierten Medikamenten.

Sie hätten

zwingend im Einzelnen darlegen müssen, welche medizinischen und sachlichen Notwendigkeiten bestanden haben, den Wechsel von nicht kontraindizierten Medikamenten auf kontraindizierte Medikamente beim Verstorbenen vorzunehmen.

 Sie hätten

zwingend im Einzelnen darlegen und beweisen müssen, dass der Einsatz des kontraindizierten Medikamentes Metamizol gegenüber dem bisher eingesetzten Medikamenten einen medizinischen Vorteil für den Verstorbenen erbrachte.

Sie hätten

im Einzelnen darlegen müssen, dass es nicht ausschließlich finanzielle Gründe waren, die den Wechsel von nicht kontraindizierten Schmerzmitteln auf extrem kontraindizierte Schmerzmittel medizinisch notwendig machten.

2. Die Gutachter verschweigen dann auch das von den Beschuldigten einzuhaltende Kontrollsystem, nämlich der regelmäßigen Blutbildkontrolle sowie der Dokumentierung der Ergebnisse. Die befangenen Gutachten verschweigen, wieviel Blutbildkontrollen bei dem Wechsel von nicht kontraindizierter Schmerzmedizin zu kontraindizierter Schmerzmedizin medizinisch notwendig waren und wieviel Blutbildkontrollen tatsächlich gemacht worden sind. Sie verschweigen die Ergebnisse sämtlicher Blutbildkontrollen in Bezug auf die Wirkung des kontraindizierten Metamizol auf das Blut und das Blutbild des Verstorbenen.

3. Insgesamt verschweigen die Gutachter, dass im vorliegenden Fall ausweislich der Unterlagen der JVA, ausweislich der Unterlagen der Behandlungen des Verstorbenen in Amerika, ausweislich der Gutachten Dr. S. und Prof. Dr. N. und ausweislich der Unterlagen des Klinikums Harlaching eine Behandlung des Verstorbenen mit Metamizol schon deshalb medizinisch unvertretbar war, weil im vorliegenden Fall, wie über 2 ½ Jahre bewiesen,

eine andere Schmerztherapie mit nicht kontraindizierten Medikamenten möglich war und durchgeführt worden ist und dabei von allen Gutachtern dem Landgericht jeweils in zahlreichen Stellungnahmen bestätigt wurde, dass mit diesen nicht kontraindizierten Medikamenten der Verstorbene verhandlungsfähig und verteidigungsfähig war.

4. Die drei abgelehnten Gutachter verschweigen die aktualisierte Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 28.5.2009.

Hier heißt es:

Der behandelnde Arzt hat auf Zeichen einer Agranulozythose zu achten und auch den Patienten über das Risiko und mögliche Symptome aufzuklären.

a.) Den drei abgelehnten Gutachtern war bekannt, dass ein kontraindiziertes Medikament nur verordnet und gegeben werden kann, wenn der Patient zuvor umfassend über das mit diesem Medikament verbundene Risiko aufgeklärt worden ist und sein Einverständnis gegeben und damit das mit der Gabe des Medikaments verbundene Risiko auf sich genommen hat.

Die Verordnung und Gabe eines kontraindizierten Medikamentes ohne Einwilligung und ohne Aufklärung des Patienten erfüllt den Straftatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung.

b.) Die drei abgelehnten Gutachter berichten an keiner Stelle, ob überhaupt bzw. wann, wo und unter welchen Umständen der Verstorbene von den Beschuldigten über das Risiko der Einnahme von Metamizol aufgeklärt wurde und ob, wann, wie und wo er sein Einverständnis zur Verordnung und Gabe von Novalgin erklärt hat.
  
Angesichts des Schweigens der Gutachter hierüber ist offensichtlich, dass bei den Beschuldigten der Tatbestand  der vorsätzlichen Körperverletzung, darüber hinaus auch der Tatbestand der schweren Körperverletzung in Form einer Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung erfüllt sind.

In diesem Zusammenhang kann erneut auf die Erklärung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hingewiesen werden, wo es heißt:

Bei diesen Indikationen, die durch die Zulassung nicht abgedeckt sind (off label use) ist das Nutzen-Risiko-Profil von Metamizol ungünstig und die Aufklärungspflichten des Arztes unterliegen den strengen Sorgfaltsanforderungen des Arzthaftungsrechts.

c.) Zum Beweis der Richtigkeit des diesseitigen Vortrages wird auf das Gutachten von Dr. S. vom 9.11.2009 verwiesen, welches ausweislich des schriftlichen Gutachtens der befangenen Gutachter Grundlage von deren Gutachten war.

Auf Seite 5 / Seite 6 dieses Gutachtens wird die aktuelle Medikation des Verstorbene aufgeführt, und zwar unter Ziffer 3.4.

Seite 5 und 6 des Gutachtens werden in der Anlage überreicht und zum Gegenstand des diesseitigen Vortrages gemacht.

5. Die befangenen Gutachter verweigern, wie aus ihrem Gutachten offensichtlich ist, jede Diskussion der vor Einsatz von Novalgin erfolgten Schmerztherapien einschließlich der Frage, ob sich der verstorbene mit dem Wechsel  der Medikation im Rahmen der Schmerztherapie einverstanden erklärt hat oder nicht. Liegt sein Einverständnis nicht dokumentiert vor, ist das Vorliegen sowohl einer vorsätzlichen als auch schweren Körperverletzung seitens der Beschuldigten bereits erwiesen.

a.) Die befangenen Gutachten legen auf Blatt 29 Folgendes nieder:

In keiner der zahlreichen Untersuchungen des peripheren Blutes konnten jedoch so niedrige Werte bestimmt werden, die die Beschreibung einer Agranulozytose gerechtfertigt hätten. Dies schließt umgekehrt auch eine medikamenten-induzierte, in speziellen durch Metamizol hervorgerufene Agranulozytose aus. Auch sind in dem Blutbildern, die nach Beginn der Metamizoltherapie erstellt wurden, keine relevanten Veränderungen in der relativen wie absoluten Leuko- oder Granulozytenzahl festzustellen. Daraus kann zweifelsfrei der Schluss gezogen werden, dass im vorliegenden Fall keinerlei Auswirkungen der Metamizoltherapie auf das Blutbild vorlagen. Die nachweisbaren Auffälligkeiten waren durch die primäre Knochenmarkserkrankung bedingt und über die Jahre im wesentlichen konstant. Bei genauer Durchsicht fallen natürlich Schwankungen im Bereich der absoluten Zahlen auf.

Diese müssen aber als physiologisch interpretiert werden und lassen, wie ausgeführt, in keinster Weise den Rückschluss auf eine durch Metamizol bedingte Blutbildveränderung zu.

b.) Diese Ausführungen der befangenen Gutachter entziehen sich jeder Überprüfung. Es wird weder dargelegt, welche Untersuchungen des peripheren Blutes zugrunde gelegt werden noch welche Werte in den Untersuchungen festgestellt worden sind.

c.) Die befangenen Gutachter haben sich geweigert, die vor Beginn der Metamizol-Behandlung festgestellten Werte im Einzelnen darzustellen.
  
d.) Sie verschweigen, dass im Rahmen der Erkrankung des Verstorbenen es bereits in erheblichem Umfang Werte über die Leukozytenzahl gab, die unter 2000 /mm³ lagen, mithin bereits das Vorliegen einer Agranulozytose auswiesen, weil der Grenzwert von unter 2000 /mm³ das Vorliegen einer Agranulozytose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweist. So war bereits durch das Institut für klinische Chemie am 29.10.2010 die Anzahl der Leukozyten mit 1,7 /nl festgestellt worden, der Vorwert war mit 1,6 / nl bei einem Referenzbereich von 4,0 bis 9,0 angegeben.

Die Erytrozyten waren mit 3,0 /pl, der Vorwert mit 2,9 /pl bei einem Referenzbereich von 4,5 bis 5,9 /pl, angegeben.

e.) Die befangenen Gutachter mussten daher zunächst die Frage beantworten, ob die Werte nicht schon für sich das Vorliegen einer Agranulozytose auswiesen bzw. die Gabe eines Medikamentes, welches als schwerwiegende Nebenwirkung die Auslösung einer Agranulozytose zum Inhalt hatte, von vorne herein ausschloss. Die befangenen Gutachter verweigern die Diskussion der Frage, ob bei den vorgenannten Vorerkrankungen und bei den vorliegenden Blutbildern die Produktion von Leukozyten bzw. die Produktion von Erytrozyten bereits so weit unter dem Normbereich lagen, dass die Vergabe des für diesen Bereich hoch risikobehafteten Metamizol jederzeit, insbesondere bei der Verordnung der Überdosis in der Tatnacht tödlich war. Jede Entscheidung zur Änderung der medikamentierenden Schmerztherapie im August 2011 durfte vom Arzt erst nach Sichtung, Studium und Auswertung aktueller Blutbilder erfolgen, die zusätzliche Gabe von 750 mg Novalgin in der Tatnacht durfte zwingend bei den vorliegenden am untersten Rand liegenden Leukozyten- und Erytrozytenzahlen nur nach zwingender vorheriger Erstellung eines Blutbildes erfolgen, was die sofortige Überweisung in ein Krankenhaus durch den Beschuldigten Dr. S. in der Tatnacht erforderlich machte. Alles dies verschweigen die befangenen Gutachter.

6. Sie verschweigen auch, dass sich die tödliche Wirkung von Metamizol sich nicht in der Herbeiführung einer tödlichen Agranulozytose erschöpft. Metamizol ist dafür bekannt, dass es zu zentral nervösen Störungen mit Schwindel bis zum Koma kommen kann. Störungen der Nierenfunktion bis zum Aussetzen der Nieren sind beobachtet worden. Ferner hat Metamizol Wirkungen auf die glatte Muskulatur, so dass Symptome wie Blutdruckabfall mit Tachekardie sowie Schock beobachtet worden sind.

7. Das Gutachten ist im Übrigen ein Widerspruch in sich selbst. Im Doccheck Flexikon heißt es unter Nebenwirkungen:

Metamizol kann wie alle Pyrazolone selten einen toxischen Effekt auf das Knochenmark haben. Daraus kann eine Leukopenie oder Agranulozytose resultieren. Bei Zeichen einer Agranulozytose oder beginnender Leukopenie sollte Metamizol daher sofort abgesetzt werden.

Die Gutachter bestätigen bei dem Verstorbenen das Vorliegen einer Leukopenie vor der Umstellung der Schmerztherapie von Tramal auf Metamizol. Dass bei bestehender Leukopenie, wie die Gutachter selbst bestätigen, Metamizol, schlechterdings nicht eingesetzt werden darf, vielmehr absolut kontraindiziert ist, ist so offensichtlich, dass es auf der Hand liegt. Dies verschweigen die befangenen Gutachter.

8. Sie verschweigen auch, dass nach den Anwendungshinweisen des Herstellers die Einzeldosis bis zu 4 Mal täglich in Abständen von 6 bis 8 Stunden eingenommen werden kann.

Danach ist zwingend, dass die um 23.45 Uhr erfolgte Gabe von 750 mg Novalgin in der Tatnacht extrem kurz nach der Einnahme der letzten Einzeldosis von 500 mg erfolgt ist, so dass statt der 500 mg sich ab 23.45 Uhr 1250 mg und damit mehr als die maximale Einzeldosis bei Erwachsenen dem Verstorbenen verabreicht wurde. Es ist ganz offensichtlich, dass der Verstorbene an dieser Dosis gestorben ist.

9. Schon die telefonische Anordnung der Überdosis, ohne den Verstorbenen gesehen und untersucht zu haben, war angesichts der Vorerkrankung und der mit Vergabe von Metamizol behafteten hohen Risiken für den Patienten eine Handlung, mit der die Verwirklichung des Risikos bewusst in Kauf genommen wurde. Eine Verordnung von zusätzlich 750 mg Metamizol fernmündlich und damit im Wege der Telefonambulanz war schlechterdings unvertretbar und ein Schwerstverstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst.

Die einzig sachgerechte Entscheidung war die sofortige Einweisung des Verstorbenen als Notfallpatient in das entsprechende Krankenhaus, die Veranlassung der sofortigen Erstellung eines entsprechenden Blutbildes und die anschließende stationäre Kontrolle und Beobachtung im Krankenhaus.

Mit der Verordnung und der Gabe von 750 mg zusätzlichem Metamizol bei eindeutiger Vorerkrankung im Sinne einer absoluten Kontraindikation wurde von dem Arzt im Wege der Telefonambulanz eine Maßnahme gewählt, die den Tod des Verstorbenen nicht nur verursacht hat, sondern geradezu bewirken musste.

10. Die Befangenheit der abgelehnten Gutachter ist auch aus einem anderem Grunde evident.

Alle drei Gutachter sind in dem medizinischen Bereich tätig, in dem Schmerztherapie erforderlich ist oder werden kann. Damit steht im Bereich der Tätigkeit, die die Gutachter ausüben, täglich auch die Frage zur Entscheidung an, ob sie zur erforderlichen Schmerztherapie einsetzen oder nicht, ferner, ob sie dies im Rahmen des

off label use tun,

also bei Fällen, in denen der Einsatz von Metamizol kontraindiziert ist.

Die Angehörigen des Verstorbenen können nicht ausschließen, dass alle drei Gutachter selbst in ihrer täglichen Praxis Metamizol im Rahmen des off label use einsetzen und damit Patienten mit diesem kontraindizierten Arzneimitteln behandeln. Wer aber Metamizol im Rahmen des off label use selbst einsetzt, kann im vorliegenden Fall kein neutrales Gutachten verfassen. Er ist von vorne herein befangen.

Am Anfang des Gutachtens hätten somit, um die eigene Neutralität und Unbefangenheit nachzuweisen, persönliche Erklärungen der Gutachter stehen müssen, in denen sie versichern, dass sie ihrerseits im Rahmen der von ihnen ausgeübten Tätigkeiten niemals Metamizol im Rahmen des off label use eingesetzt haben und niemals Metamizol bei Kontraindikation dem Patienten gegeben haben.

Im vorliegenden Fall kann nur derjenige Gutachter sein, bei dem der off label use von Metamizol in der Vergangenheit und Gegenwart von vorne herein ausgeschlossen ist. Ist dies nicht der Fall, beurteilt der Gutachter nicht die Gutachtenfrage, sondern seine eigene Tätigkeit und stellt sich selbst einen „Persilschein“ aus. Es können daher nur solche Gutachter in Frage kommen, die selbst nicht im Rahmen der Schmerztherapie den off label use von Metamizol betrieben haben.
  
Ist ein solcher off label use von Metamizol durch die Gutachter nicht ausgeschlossen, müssen sie von vorne herein vom Gutachterauftrag ausgeschlossen werden.

Darüber hinaus ist die Auswahl der Gutachter, die täglich Schmerzmitteltherapie im Rahmen der hier zur Diskussion stehenden Vorerkrankungen betreiben, objektiv grob fehlerhaft. Es kann nur ein Gutachter ein brauchbares und verwertbares Gutachten erstatten, der im Bereich der chemischen Pharmakologie zu Hause ist. Allen drei Gutachtern fehlt von vorne herein das hierfür notwendige Fachwissen. Die im Gutachten betriebene „Deutung von Symptomen oder Symptomerscheinungen“ sind keine wissenschaftlich begründeten gutachterlichen  Äußerungen, sondern ausschließlich Glaubenssätze.

Im Übrigen verweise ich auf mein Schreiben vom 14.2.2012 an den Beschuldigten Dr. S. sowie mein Schreiben vom 13.2.2012 an die Heimleitung des Senioren- und Pflegeheims St. Lukas. Beide Schreiben mache ich zum Inhalt des diesseitigen Vortrages.

Weiterer Vortrag erfolgt unmittelbar nach

Eingang der bisher verweigerten Aktenbestandteile.


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ulrich Busch
Rechtsanwalt“


Gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Traunstein in dieser Sache erhebe ich namens der Angehörigen des Verstorbenen das Rechtsmittel der

B e s c h w e r d e
und beantrage:

Die Staatsanwaltschaft wird angewiesen, Anklage gegen die beschuldigten Ärzte zu erheben.

Ferner beantrage ich:

Das Gutachten eines unabhängigen pharmakologischen Sachverständigen wird eingeholt.

Um die Beschwerde und die Anträge begründen zu können, beantrage ich:

Vollständige umfassende Akteneinsicht durch Übersendung der Akten für 3 Wochen in meine Kanzlei.

Auf die Verweigerung der Akteneinsicht durch Staatsanwalt M. weise ich ausdrücklich hin.

Mit freundlichen Grüßen


Dr. Ulrich Busch
Rechtsanwalt

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