Pressemitteilung
Nun ist es amtlich: Trotz seines
Todes wird John Demjanjuk zum Retter der Existenz der Zentralstelle der
Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in
Ludwigsburg. Und dies ist nicht das erste Mal.
Als Ludwigsburg im Jahre 2008
sein 50-jähriges Bestehen feierte, hatten die dort verbliebenen Staatsanwälte
eigentlich nichts mehr zu tun. Überlegungen wurden laut, die Ludwigsburger
Behörde nunmehr zu schließen. Ludwigsburg
exhumierte flugs den bereits juristisch begrabenen Fall Demjanjuk, den der
Leitende Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm höchstpersönlich im Jahre 2003 mangels
Tatverdacht eingestellt und mit samt den Akten begraben hatte. Auf einer teuren
Dienstreise nach Washington hatte Schrimm sämtliche Akten und Beweismittel
gegen Demjanjuk durchforstet und war zu dem Ergebnis gekommen, dass gegen
Demjanjuk kein Tatverdacht bestand.
In einem in der Bundesrepublik beispiellosen Vorgang wurde John Demjanjuk entgegen
allen bisherigen Handhabungen und Gesetzen von den USA in die Bundesrepublik
zwangsdeportiert und unter massivem Verstoß gegen Gesetz und Recht ohne jeden
Beweis nichtrechtskräftig zu 5 Jahren Haft verurteilt. An der weiteren
Existenzberechtigung von Ludwigsburg wagte niemand mehr zu zweifeln, zumal die
Presse fast lückenlos, angeführt von der Bildzeitung, einem fast hysterischen
Verurteilungstaumel erlag, ohne auch nur ansatzweise kritische Fragen zu
stellen, etwa warum Ludwigsburg gegen die eigene Überzeugung nun plötzlich
gegen Demjanjuk vorgehe. Die Behörde wurde mit Lob überschüttet, stellte sie
doch in Aussicht, ein Urteil gegen Demjanjuk, seine Verurteilung werde eine Prozesslawine auslösen, die der
Bundesrepublik noch dutzende von Kriegsverbrecherprozessen und damit Prozesse
des Grauens und des Entsetzens, die sich so gut vermarkten lassen, bescheren
werde.
Der Prozess gegen John Demjanjuk
scheiterte. Er platzte durch den Tod des Angeklagten im März 2012, John
Demjanjuk starb unschuldig und unverurteilt.
Diese juristische Wahrheit wurde in der Folge unterdrückt, vielmehr die Legende
verbreitet, John Demjanjuk sei in der Bundesrepublik als Kriegsverbrecher und
zu 5 Jahren Haft verurteilt worden. Dies war und ist eine
juristische Lüge.
Die Wahrheit wurde von
Oberstaatsanwalt Schrimm in einem Schreiben vom 3.9.2012, AZ: 110 AR 321/11
kurz und bündig wie folgt dokumentiert:
Zunächst stimme
ich mit Ihnen überein, dass Ihr ehemaliger Mandant John Demjanjuk mangels eines
rechtskräftigen Urteils unwiderlegt als unschuldig zu gelten hat.
Nach dem Prozess wurde es still
um Ludwigsburg, die angekündigte Prozesslawine blieb aus. Fast zwei Jahre später
forderte der Verteidiger des John Demjanjuk unter dem 17.1.2013 unter www.demjanjuk.de die Schließung der
Ludwigsburger Behörde. Es habe sich 10 Monate nach dem Tod von John Demjanjuk
immer mehr abgezeichnet, dass John Demjanjuk nur deshalb trotz seines hohen
Alters und seiner schweren Erkrankungen auf immer von Ehefrau und Familie
getrennt und nach Deutschland zwangsdeportiert wurde,
um als Bauernopfer für die Erhaltung der
Ludwigsburger Zentralstelle zu dienen und Sündenbock für deutsche
Naziverbrechen zu sein.
Nunmehr hat Ludwigsburg
zurückgeschlagen und der WAZ-Gruppe mitgeteilt, man wolle nunmehr gegen 50
deutsche Auschwitz-Aufseher ermitteln. Der Vorwurf gegen die heute etwa 90-Jährigen
laute auf Beihilfe zum Mord. Den Ermittlern lägen Namen und Angaben zu Wohnorten
der Tatverdächtigen vor. Die Verdächtigen lebten über ganz Deutschland
verteilt. Oberstaatsanwalt Schrimm halte die Ermittlungen gegen die
Verdächtigen für aussichtsreich. Er habe sich dabei auf das Urteil gegen John
Demjanjuk, der Wachmann im Lager Sobibor gewesen und 2011 wegen Beihilfe zum
Mord in 20.000 Fällen zu 5 Jahren Haft verurteilt worden sei, berufen. Das
Landgericht München habe Demjanjuk als Teil der Vernichtungsmaschinerie
bezeichnet. Anders als früher reiche seit diesem Urteil jede Tätigkeit in einem
Konzentrationslager aus, um wegen Beihilfe zum Mord verurteilen zu lassen. Einige
Presseberichte behaupten sogar, den Ludwigsburger Ermittlern reiche der
Nachweis der SS-Mitgliedschaft aus, um Jemanden, der als Aufseher tätig war,
wegen Beihilfe zum Mord zu verurteilen.
Das Verfahren gegen Demjanjuk vor
dem Landgericht München liefere die rechtliche Grundlage für diese neue und
gegenüber früher geänderte Rechtsauffassung.
Die Mitteilungen aus Ludwigsburg
lösten in der Presse einen erneuten emotionalen Freudentaumel aus. Das Simon
Wiesenthal Center kündigte an, sein Leiter werde, wenn auch nur fünf bis zehn
KZ-Aufseher aus Auschwitz vor Gericht gestellt würden, in Berlin laut
„Halleluja“ schreien. Dabei stünde es Dr. Zuroff gut an, zunächst einmal seine
Rolle im israelischen Prozess gegen John Demjanjuk wegen des Vorwurfs, Ivan der
Schreckliche in Treblinka gewesen zu sein, aufzudecken. Er war damals Mitarbeiter
bzw. Berater des US-Justizministeriums bzw. der israelischen Ermittlungsbehörden,
die John Demjanjuk in Kenntnis seiner Unschuld zum Tode verurteilen ließen.
John Demjanjuk konnte auf der
Grundlage des in der Bundesrepublik geltenden Rechtes und Gesetzes nicht
verurteilt werden. Es gab keine nachweisbaren konkreten Handlungen, das
geltende Schuldrecht erforderte einen individuellen Schuldnachweis. Beides war
nicht vorhanden, ein Freispruch war die notwendige Konsequenz der Anwendung von
Recht und Gesetz des Jahres 2011.
Es ist der Anfang vom Ende eines
Rechtsstaates, wenn der Rechtsanwender in dieser Situation der Versuchung
erliegt, die Anforderungen des geltenden Rechtes, die Anforderungen des
Gesetzes zu verändern, und zwar solange, bis ihm eine Verurteilung auf
geänderter Rechts- und Gesetzesgrundlage möglich erscheint. Wer so vorgeht,
verurteilt nicht auf der Grundlage von Recht und Gesetz, sondern verändert das
Recht und Gesetz, um die gewünschte Verurteilung zu ermöglichen.
Wenn man nur einen Augenblick
über die angeblichen neuen Rechtsgrundsätze nachdenkt, drängt sich geradezu
auf, dass diese aus der „Rechtsordnung von Absurdistan“ stammen. Dass nicht
jedwede Tätigkeit in einem Konzentrationslager Beihilfe zum Mord sein kann, ist
eine juristische Binsenwahrheit. Dass die nachweisliche SS-Mitgliedschaft
ausreichend ist, um Jemanden, der als Aufseher tätig war, wegen Beihilfe zum
Mord zu verurteilen, ist so offensichtlich falsch, dass die Veröffentlichung
einer solchen These einem „juristischen
Harakiri“ gleichkommt.
Dass das Schicksal eines
kriegsgefangenen Rotarmisten, der von den Nazis, vor die Alternativen gestellt,
„Tod durch Verhungern, Erfrieren und
Erschießen oder Dienst in der SS“, zwangsverpflichtet wurde, nicht mit einem
freiwillig der SS beigetretenen deutschen Wachmann, der sich jederzeit an die
Front abmelden konnte, vergleichbar ist, ist so offensichtlich, dass es dafür keiner
juristischen Ausbildung bedarf. Dass ehemalige Kriegsgefangene, die von den
Nazis zwangsverpflichtet wurden, nach § 159 Militärstrafgesetz des deutschen
Reiches jederzeit erschossen wurden, wenn sie Dienstbefehle verweigerten, für
deutsche SS-Wachleute hingegen allenfalls eine Versetzung drohte, ist schlichte
historische Wahrheit.
Die hunderten von hingerichteten
Trawnikis, die Vielzahl von bestialisch und systematisch bestraften und
gefolterten Trawnikis stehen gegen jeden Vergleich und gegen jede Gleichsetzung
des angeblichen Trawniki John Demjanjuk
mit deutschen Nazischergen im Wachdienst der SS.
Es handelt sich um nichts anderes
als eine objektive Diffamierung der Trawniki, diese auf die gleiche Stufe mit
deutschen SS-Wachmännern zu stellen, die zum Teil freiwillig, gewollt und in
Verherrlichung der nationalsozialistischen Rassenlehre und der
nationalsozialistischen Ideologie die
Ausrottung des europäischen Judentums zu ihrer eigenen Aufgabe gemacht haben.
Im Übrigen beruhte die
Nichtverfolgung deutscher SS-Wachmänner keinesfalls auf einer Rechtsprechung,
die deren Verurteilung ausschloss, sondern auf einer von Ludwigsburg und allen
Staatsanwaltschaften der Bundesrepublik mitgetragenen „stillen Amnestie“. Man
sah von Anklagen und Verurteilungen der SS-Wachleute ab, die am Ende der
Befehlskette standen und selbst keine Exzesstaten begangen hatten. Man hielt
ihnen zu Gute, ihnen nicht vorwerfen zu können, sich im Widerstreit von Befehl,
Gehorsam und Befehlsverweigerung mit daraus drohenden Konsequenzen für Leib und
Leben für die Ausführung des Befehls entschieden zu haben. Die Tatsache der
Nichtverfolgung von zehntausenden Personen im Wachdienst der SS und der
Wehrmacht beruhte niemals auf einer anderen Rechtsansicht. Die strafrechtliche
Verfolgung dieses deutschen Personenkreises war immer möglich.
Die Behauptung, erst das
Verfahren gegen Demjanjuk habe die Verfolgung deutscher SS-Wachmänner möglich
gemacht, ist somit
objektiv unwahr.
Der wahre Grund dürfte ganz
woanders zu suchen sein, nämlich in dem Versuch, die Behauptung der
Verteidigung des Herrn Demjanjuk zu widerlegen, dass das Verfahren gegen diesen
verfassungswidrige und unzulässige Einzelverfolgung war, während die deutschen
Wachleute am Ende der Befehlskette genauso wie ein Großteil der
verantwortlichen Befehlsgeber straffrei ausgegangen sind und gegen sie nicht
einmal Anklage erhoben wurde.
Gleichzeitig verfolgt die Behörde
ihr Interesse, ihren Bestand noch auf Jahre zu sichern. Wenn man, wie den
Pressemitteilungen zu entnehmen, schon fast zwei Jahre seit Urteilsverkündung
gegen Demjanjuk braucht, um die Namen
der Wachleute von Auschwitz mit den Einwohnermeldeamtskarteien der
Bundesrepublik Deutschland abzugleichen, scheint die Existenz der Behörde bei
solch einem Arbeitstempo bis in das Ende des nächsten Jahrzehntes gesichert,
dank Demjanjuk.
Dass allerdings bei den
Ermittlungen nichts herauskommen wird, scheint ebenso sicher, weil die Gesetze
der Natur und der Zeitablauf stärker sind als der Rechtssatz „keine Verjährung
bei Mord“.
gez. Dr. Ulrich Busch
Rechtsanwalt
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen